Paddeln oder rudern – wo ist denn da der Unterschied?

Paddlerin des VKB in einem Riverrunner

Paddler fahren vorwärts. Sie halten das Paddel (Stechpaddel oder Doppelpaddel), das keine Verbindung zum Boot hat, in den Händen. Im Bild sieht man einen Kajakfahrer mit dem typischen Doppelpaddel. Beim Paddler kommt die Kraft aus Armen, Schultern aber vor allem durch Drehungen des Oberkörpers aus der Hüfte. Deswegen haben Kanuten des Leistungssports auch Oberkörper wie Michelangelos David.

Paddler fahren langsamer als Ruderer, sind aber ungleich flexibler, was die Anforderungen an den Wasserlauf betrifft. So können sie selbst in starken Wellen, in windungsreichen Flüssen, über Wehre und kleine Wasserfälle, aber auch in Seen oder im Wattenmeer fahren. Notfalls auch mal über Grund rutschen. Und wer es kann, richtet sein Boot nach einer Kenterung ganz ohne auszusteigen mit der Eskimorolle wieder auf. Paddler fahren vorwärts, können aber auch seit- und rückwärts, bis hin zur Akrobatik. Erstaunlicherweise ist Paddeln energetisch fast ebenso effektiv wie Rudern. Die Muskulatur von Rücken, Bauch und Armen wird stark beansprucht und somit auch entwickelt. Paddeln hilft also auch gegen Rückenschmerzen und kann – je nachdem wie intensiv man den Sport betreibt – zu einem gemeißelten Oberkörper führen.

Ruderer des BRV

Im Gegensatz dazu fahren Ruderer rückwärts bzw. sitzen sie mit dem Rücken zur Fahrtrichtung und sind auf stillem Wasser relativ schnell. Das im Vergleich zum Paddel sehr lange Ruder ist über so genannte Dollen drehbar am Boot befestigt. Beim Rudern wird die Kraft vor allem in den Beinen und im Rücken entwickelt. Im Bild ist ein Vierer-Ruderboot unserer Nachbarn vom Bonner Ruder-Verein 1882 e.V. zu sehen.

Wer vor allem Kraft- und Konditionssport sucht, geht sicher eher rudern. Wobei es wie bereits erwähnt auch im Kanusport einen Hochleistungsbereich gibt; der wird bei uns im Verein jedoch eher nicht praktiziert. Wer Natur erleben, sich austoben und mit den Elementen auseinandersetzen will, fährt Kajak oder Kanadier. Jedenfalls ist der Spaß bei Wanderfahrten in allen Booten groß; Wasserschlachten zwischen den Kanuten sind in allen Typen möglich.

Auf welchen Gewässern kann man denn paddeln?

Jedes Gewässer kann bepaddelt werden. Im Wildwasserbereich stürzen sich manche Verrückte sogar über 50 m hohe Wasserfälle hinunter. Eine Wahnsinnstat, aber nicht unbedingt zur Nachahmung empfohlen. Wir Normalsterblichen entscheiden uns meist grob zwischen Großgewässern, Kleinflüssen und Wildwasser.

Großgewässer sind das Meer (offen oder nur an der Küste), große Seen, Flüsse wie der Rhein, die Donau oder die untere Elbe. Auf diesen Gewässern lassen sich interessante, oft mehrtägige Touren unternehmen. Die meisten Kanuten wählen für diese Art Wasser meist ein Seekajak. Durch seine sehr lange und schmale Form sowie dem ziemlich spitzen Kiel ist es ideal für schnelles Vorwärtskommen. Das dazugehörige Paddel ist oft so geformt, dass es dem Wind, der auf diesen offenen Flächen gerne weht, sehr wenig Angriffsfläche bietet. Die allermeisten Seekajaks haben zudem geräumige Luken, die es einem erlauben Gepäck für mehrere Tage mitzuführen. So lässt sich beispielsweise eine ausgedehnte Tour in und um die schwedischen Schären fahren, die Donau von der Quelle bis zur Mündung bereisen oder auch weiter entfernt um Eisberge in Grönland oder dschungelbewachsene Felsen in Thailand herumpaddeln. In Großgewässern können eine Menge Gefahren lauern. Hier ist Vorbereitung und Erfahrung notwendig.

Kleinflüsse sind Gewässer wie die Sieg, die Ahr oder die Lahn. Meist sind es zahme Flussläufe mit naturnahen Ufern, auf denen man wunderbar Tagestouren oder mehrtägige Gepäckfahrten unternehmen kann. Hier und da können sie aber auch die ein oder andere Stromschnelle bereithalten, doch über Wildwasser-Stufe 2 (WW II; mit ein klein wenig Erfahrung von jedem befahrbar) geht es eigentlich nicht hinaus. Man paddelt diese Kleinflüsse idealerweise gemächlich mit seinem Tourenkajak oder einem Crossover-Kajak. Diese Gewässerart ist auch die natürliche Umgebung des Kanadiers. Ob man nun still und leise über das Wasser gleitet und die umgebende Natur in sich aufnimmt, in einer Gruppe schwätzend den Fluss hinuntertreibt, nur faul auf seinem Kanadier liegt und die Sonne mitten auf dem Fluss genießt oder in der Stromschnelle ein wenig im Kehrwasser spielt – der Kleinfluss bietet jedem Paddler Abwechslung und Spaß ohne Extreme.

Wildwasser schließlich ist genau das: meist ein wilder, junger Bach, der sich durch Schluchten, enge Täler und über Felsen ergießt. Es kann aber auch ein mächtiger Fluss sein, dessen Umgebung gigantische Stromschnellen verursachen wie beispielsweise der Colorado im Grand Canyon oder der weiße Nil in Uganda. Wildwasser kann zwar auch von speziell dafür konzipierten Kanadiern befahren werden, doch meist trifft man auf den Flüssen Kajakfahrer. Diese modernen Kajaks sind meist kurz, vergleichsweise breit, haben ein flaches Unterschiff für maximale Wendigkeit sowie ein hohes Volumen zum schnelleren Auftauchen nach einem Sturz unter Wasser. Um den potenziell tödlichen Gefahren des Wildwassers zu begegnen braucht man eine Menge Erfahrung, die passende, umfangreiche Ausrüstung und manchmal auch eine gehörige Portion Mut. Das Adrenalin pumpt durch den Körper, man braucht seine ganze Aufmerksamkeit, um ständig auf den Fluss zu reagieren. Aber das Gefühl am Ende des Tages, gemeinsam mit seiner Gruppe alle Herausforderungen gemeistert zu haben ist einfach nur genial!

Was ist bei der Ausrüstung zu beachten?

Um überhaupt zu paddeln reicht irgendein Paddel und irgendein Boot. Aber vor allem Kanuten mit größerer Ambition als ein Leihbootfahrer, verwenden Ausrüstung, die sich nach dem Gewässer, dem Wetter und der eigenen Vorliebe richtet. Boot und Paddel sind Pflicht, bei Kajaks sind Spritzdecken die Regel. Der Rest dient Sicherheit und Komfort. Wer einen tieferen Überblick über die wichtigste Ausrüstung haben möchte, kann sich dazu unseren Artikel "Die passende Ausrüstung für den Kanusport" durchlesen.

Wildwasser-Paddler in Ausrüstung

Das Boot

Ein eigenes Boot, mit dem man gut klarkommt und das auf die eigenen Vorlieben und Anwendungen wie Meerfahrbarkeit, Wildwasser, Rollfähigkeit und viele andere Kriterien, ist dem Vereinspaddler oft am liebsten. Zudem ist eine Spritzdecke gegen Wassereindrang durch die Luke zumindest bei Kajakern ein Muss. Kanadierfahrer fahren oft offen, haben manchmal aber auch Regenschutz auf ihren Booten.

Kajaks sind Boote, in denen man sitzt und die mit einem Doppelpaddel gefahren werden. Der Kajakfahrer paddelt also abwechselnd rechts und links. In der Regel sind Kajaks Einerboote; es gibt aber auch Zweierboote. Das Kajak gibt es in etlichen Variationen. Für jede Vorliebe, für jedes Gewässer, für jeden Fahrstil gibt es speziell angepasste Formen. Das geht vom langen, schmalen Seekajak für Großgewässer und Küstenregionen über die etwas kürzeren und stabileren Tourenkajaks, über kurze, voluminöse Creeker für hartes Wildwasser und Wasserfälle bis hin zu den ultraspezialisierten Freestyle-Kajaks zur Akrobatik in einer Welle. Weiterhin gibt es noch ultraleichte, sehr schmale Wettkampf-Boote für Rennfahrer, Hybrid-Kajaks für größtmögliche Flexibilität bei der Gewässerauswahl oder ganz spezielle Angelkajaks. Ach, die ganz spezielle (und von ihren Fahrern heiß geliebte) Kategorie der Faltboot-Kajaks darf natürlich auch nicht vergessen werden! Und diese Modelle gibt es auch nochmal in etlichen Variationen. Bei der Entscheidung für ein Kajak lohnt es sich also, genau zu wissen, was, wo und wie man gerne paddeln möchte.

Kanadier werden kniend oder sitzend sowie in Zwischenformen gefahren. Sie werden mit dem Stechpaddel einseitig bewegt. D.h. der Kanadierfahrer paddelt immer rechts oder immer links. Durch die geeignete Paddeltechnik fährt das Boot trotzdem geradeaus. Der klassische Kanadier ist ein Zweier, wobei z.B. der vorne sitzende links, der hinten sitzende dann rechts paddelt. Der hinten sitzende ist der Steuermann. Natürlich werden zwischendurch die Seiten und gegebenenfalls die Positionen gewechselt, damit man nicht nur rechts die Muskulatur stärkt und nicht immer nur einer bestimmt, wo es hingeht.

Kanadier gibt es auch als Einer – vor allem als Wettkampfboot –, meist jedoch sind es Zweier oder größer. Der VKB besitzt z.B. einen Achter- sowie einen Zehner-Kanadier. Bekannt sind die Großboote durch sogenannte Drachenbootrennen; ein beliebtes Happening unter Kanadierfahrern, zu dem man sich im entsprechend dekorierten und manchmal beleuchteten Riesenboot mit bis zu 20 Paddlern pro Boot ein nicht ganz ernstzunehmendes Rennen liefert. Wobei das gemeinsame Feiern des Siegers (meistens mit Fassbier) den eigentlichen Höhepunkt darstellt.

Das Paddel

Je nach Boots- und Fahrtentyp wird das Paddel gewählt. Kanadierfahrer benutzen ein Stechpaddel mit nur einem Blatt. Kajaker verwenden das Doppelpaddel mit je einem Blatt an beiden Enden. Natürlich gibt es auch von dieser Regel Ausnahmen, doch um es nicht komplizierter zu machen bleiben wir erstmal dabei.

Je nachdem ob man lieber Wildwasser- oder Wanderfahrten unternehmen möchte, unterscheidet sich die Form des Paddelblatts. Die richtige Länge in Relation zur Körpergröße ist ebenso wichtig, wie die Schränkung, der ovalisierte Griff und das Gewicht des Paddels. Wer es genauer wissen möchte, sollte unsere Vereinspaddler fragen.

Die Bekleidung

Grundsätzlich kann man jede Kleidung tragen, mit der man auch im Falle einer Kenterung noch gut schwimmen kann. Fährt man öfter Ende Herbst, im Winter oder Anfang Frühling – bei uns in Westdeutschland die Saison der Wildwasser- und Kleinflussfahrer –, ist auch besondere Kleidung ratsam. Viele Paddler besitzen einen Neoprenanzug, um auf und gegebenenfalls auch im Wasser warm zu bleiben. Wenn es noch wärmer sein soll, gibt es auch Schuhe, Socken und Handschuhe aus Neopren. Als Jacke ist keine Regenjacke, sondern besser eine spezielle Paddeljacke mit wasserdichten Manschetten sinnvoll. Wer lieber komplett trocken bleiben möchte, kann eine Trockenjacke, -hose oder gleich einen ganzen Trockenanzug tragen. Ist sicher auch eine Frage des Geldes.

Die Sicherheit

Auch im Kanusport geht Sicherheit vor. Bei der sommerlichen Tagestour auf einem zahmen Kleinfluss, ist sicher nicht mehr nötig als die Fähigkeit zu schwimmen (Diese Meinung vertreten wir nach wie vor. Auch entgegen dem Zeitgeist, sich gegen alle möglichen Risiken abzusichern). Auf Großgewässern ist aber mindestens eine Rettungsweste notwendig. Wer im Wildwasser fährt benötigt zusätzlich zur speziellen Schwimmweste in jedem Fall einen Helm, der den Kanuten vor Verletzungen oder gar dem Tod schützt. Zur Rettung von Mitpaddlern gehört im Wildwasser ein Bergungsseil mit Karabiner (="Kuhschwanz) und/oder eine Wurfleine zur Personenrettung an die Schwimmweste.

Aber nicht abschrecken lassen. Denn Ausrüstung gehört zwar zum Sport dazu, aber die Art und Menge der Aktivitäten bestimmt auch Art und Menge der Ausrüstung. Zusammengefasst sollte man zusehen, dass sie zur Person und deren Aktivitäten passt.

Wassersport ist für alle

Zum Schluss: Alle – Ruderer, Paddler, Segler, Rafter, Surfer usw. – lieben gleichermaßen Wasser, Natur und das einmalige Erleben im kleinen lautlosen Boot auf dem großen Wasser. Schon deshalb gibt es keine Konkurrenz zwischen Wassersportlern. Man winkt sich freundlich zu und wünscht sich "AHOI!"